Liebe Gemeinde,
auf Wunsch verschiedener Gottesdienstbesucher veröffentliche ich meine Predigt an Fest Maria Aufnahme in den Himmel, die ich in St. Wendelin gehalten habe.
Auch den Text der Kräutersegnung können Sie anschließend lesen.
Die Bilder stammen von der Schriftführerin des gemeinsamen Pfarrgemeinderates Cathrin Hald.
Herzliche Grüße von Rudi Kraus, Diakon mit Zivilberuf
Predigt an Maria Himmelfahrt 2022
Schwestern und Brüder,
warum ist uns dieser Tag, der Tag der Aufnahme Marias in den Himmel so wertvoll?
An und für sich wäre heute laut Gottesdienst Ordnung eine Wortgottesfeier hier in Unterafferbach (gewesen).
Ich hatte mich bereit erklärt, diese Feier zu gestalten und die Predigt zu halten.
Doch nach einem kurzen Gespräch mit Pater Richard, der seinen Urlaub wieder hier bei uns verbringt, waren wir uns einig, dass an diesem Tag, dem Hochfest, eine Eucharistiefeier sein muss. Und so haben wir auf kurzem Dienstweg entschieden, dass wir die Gottesdienstordnung über den Haufen werfen und dass wir auch in Afferbisch, Eucharistie feiern. (Danke dafür, lieber Richard!)
Wir waren der Meinung, ohne dass wir die Wortgottesfeier abwerten wollen, dass Maria diese Ehre gebührt.
Sie ist ja die Mittlerin zwischen Himmel und Erde und viele Wallfahrtsorte, an denen sie ganz besonders verehrt wird, zeugen von der Liebe der Menschen zu ihr. Und nicht umsonst wird dieses Fest auch als Osterfest im Sommer bezeichnet.
Und auch hier bei uns (in Unterafferbach) haben vor 15 Jahren Menschen eine Kapelle zu Ehren Marias gebaut und haben ihr dann bei der Einweihung den Namen "Magnifikat" gegeben.
Es war von Anfang an klar, als der Kapellenverein gegründet wurde, dass eine Marienkapelle gebaut wird. Doch warum der Name Magnifikat?
Es war damals Pfarrer Ernst Bach, der diesen Namen ins Spiel brachte, daran kann ich mich noch erinnern.
Warum wurde diese Idee so begeistert aufgenommen?
Ich denke, die Ursehnsucht des Menschen nach Gerechtigkeit, hat eine große Rolle gespielt.
Wenn das nicht bewusst so war, dann gehe ich davon aus, dass es unbewusst geschah.
Im heutigen Evangelium wurde gesagt, dass Elisabeth vom Heiligen Geist erfüllt wurde und sie hat unter dem Einfluss dieses Heiligen Geistes, Maria selig gepriesen.
Könnte es sein, dass der Heilige Geist damals auch die Herzen der Männer und Frauen angeregt hat, die Kapelle nach dem Lobpreis der Mutter Jesu zu nennen?
Das Magnifikat, wird an jedem Abend bei der Vesper von allen geweihten Männern, in allen Klöstern von Frauen und Männern, ja von vielen Menschen, beim Abendgebet, weltweit, gesungen.
Und das Magnifikat ist nicht nur ein Lied, Gebet oder Gesang, nein es ist ein Programm.
Ja, ein Programm, das Sprengstoff in sich birgt.
Gerade im Moment ist dieses Lied so aktuell und so bedenkenswert.
In diesen Tagen, in denen die Mächtigen gewaltig mit den Säbeln rasseln und in denen es uns Angst und Bange werden kann.
Der mächtige Herrscher Russlands besetzt die Ukraine, ein eigenständiges Land und verwehrt ihm seine Anerkennung als eigener Staat.
Der Herrscher in China möchte den kleinen Inselstaat Taiwan mit Gewalt in sein großes Reich einverleiben.
Noch viele Vorgänge in dieser Welt, könnte ich nennen, in denen die Mächtigen ihre Muskeln spielen lassen und die kleinen Leute noch kleiner machen wollen.
Wenn es aber nach dem Magnifikat geht, dann haben sie schlechte Karten. Hier werden die Mächtigen vom Thron gestürzt und die Niedrigen, also die armen und kleinen Leute werden erhöht.
Wäre es da nicht an der Zeit, dass diese Mächtigen das Magnifikat zu lesen bekommen, dass man es ihnen so richtig unter die Nase reibt?
Kämen sie vielleicht zur Besinnung und würden sich bewusst, dass sie früher oder später von ihrem Thron gestürzt werden und dass sie sich für ihre Untaten verantworten müssen?
Schwestern und Brüder!
Ich blicke aber heute auch auf unsere persönliche Situation. Und ich frage mich, ob wir selbst an diese Vorhersage Marias glauben.
Glauben wir noch an den großen Gott, der in die Weltgeschichte eingreifen kann?
Wir sind in der Gefahr, dass wir uns selbst zu den Großen zählen und dass wir uns in dieser Rolle gefallen.
Wenn wir uns nicht dazu zählen, dann ist es doch so, dass die meisten von uns, die wir hier im Gottesdienst sind und auch die, die zuhause geblieben sind, nicht von uns behaupten können, dass wir zu den Niedrigen gehören, oder?
Die wenigsten von uns haben Sorge um das tägliche Brot, auch wenn uns die steigenden Energiepreise und die Inflation schon etwas Sorgen bereiten.
Müssen wir uns also Gedanken darüber machen, ob wir nicht zu denen gehören, die vom Thron gestürzt werden?
Sollten uns die Zeichen der Zeit nicht klar machen, dass wir über unseren Verhältnissen gelebt haben und noch leben?
Wir im reichen Westen haben die Erde ausgebeutet und beuten sie immer noch aus. Nach der Hälfte des Jahres wurden schon die ganzen Ressourcen verbraucht, die ein ganzes Jahr reichen müssten.
Und das geht letztlich alles zu Lasten der armen Länder.
Wir erhalten Zuschüsse vom Staat, ganz egal, ob wir zur Unter-, zur Mittel- oder zur Oberschicht gehören.
In den armen Ländern erhält niemand Zuschüsse und wenn, dann werden diese Gelder unter den Regierenden verteilt, nach unten fällt wenig ab.
Wer leidet denn unter dem Ukraine Krieg?
Wir benötigen zwar mehr Geld für unseren Lebensunterhalt, aber wir leiden deshalb keinen Hunger!
Sind wir gerade dabei, vom Thron gestürzt zu werden?
Schwestern und Brüder,
der heutige Festtag und vor allem das Evangelium sollen uns anregen, darüber nach zu denken, wie wir besser mit unserer Mutter Erde umgehen können. Jede und jeder für sich.
Wir sollten unseren Blick schärfen, um die Nöte und Ängste auch in unserer Umgebung.
Sich überlegen, wie wir teilen können und im Hinterkopf behalten, dass wir nicht zu den Niedrigen gehören.
Vielmehr die Augen offen halten für die Armen und Niedrigen in unserer Nachbarschaft und ihnen hilfreich unter die Arme greifen. Hilfreich in Goldbach, auch das ist ein Programm und dient den Menschen in unserer Gemeinde.
Ich möchte schließen mit folgenden Gedanken, die ich gelesen habe:
Wie Maria offen sein für das Neue, Unerhörte, das die alte Ordnung stört...
Wie Maria mutig sein und das, was mir Gott gegeben, als Berufung auch zu leben...
Wie Maria jubelnd preisen den, der alles Machtgefüge dieser Welt enttarnt als Lüge...
Wie Maria fruchtbar sein für das Reich, das da beginnt, wo der Schwächere gewinnt...
Und ganz am Schluss die Worte Jesu:
Kehrt um und glaubt an das Evangelium.
Amen